Leserbrief:
Mit gutem Recht macht die grösste Gossauer Partei lautstark auf die Finanzlage der Stadt aufmerksam. Man könnte dies allerdings weniger aggressiv, dafür etwas differenzierter tun.
Ein Blick zurück lohnt sich. Von 2008 - 2009 lag der Steuerfuss bei 122 %, von 2010-2012 betrug er 116 %, 2013 121 % , 2014 – 2016 126 %, von 2017 – 2019 121 % und seither liegt er bei 116 %. Ab 2008 hat die Stadt ausgeführte oder bewilligte Investitionen in Bauprojekte von 160 (!) Mio zu verkraften. Dazu kommen viele Millionen für kleinere Projekte sowie die stetig wachsenden nicht beeinflussbaren Transferkosten für Sozialhilfe und Pflege. Allein die ebenfalls kaum beeinflussbaren Kosten für die Bildung liegen bei 53 % des Gesamthaushalts. Der ehemalige Kantonsbaumeister Binotto machte 2020 die folgende Aussage: «Das gängige Verhältnis von Baukosten zu Betrieb liegt in 35 Jahren bei 1:10.» Das bedeutet also, dass die Kosten für Amortisation, Betrieb und Unterhalt in 35 Jahren 10-mal höher sind als die ursprünglichen Baukosten. Man rechne, was mit diesen Investitionen von 160 Mio auf die kommenden Generationen zukommt.
Was hat Gossau dafür bekommen: Sanierte Sporthalle und neues OZ Buechenwald, renoviertes Schulhaus und neuer Kindergarten Haldenbüel, renoviertes OZ Rosenau, Ausbau Schulhaus Büel, saniertes Friedhofgebäude, ein neues Feuerwehrdepot, ein Glasfasernetz. Dazu kommen ein neues Hallenbad, eine neue Tribüne mit Sportplätzen sowie ein renoviertes Schulhaus Notker. Weitere Investitionen warten: Rathaus, Otmarschulhaus, Sportwelten Module 2 und 3. Alle diese Projekte sind grossmehrheitlich ohne Widerstand vom Parlament – auch nicht von Seiten der grössten Gossauer Partei – und später vom Volk deutlich angenommen worden. Im Nachhinein über zu hohe Ausgaben zu klagen und den Stadtpräsidenten und den Stadtrat dafür verantwortlich zu machen, ist unfair, wenig selbstkritisch und damit fehl am Platz. Klassenlager streichen oder die Beiträge an die Musikschule kürzen, sind weniger als ein Tropfen auf den heissen Stein. Das ist symbolisches Sparen auf Kosten der Kinder.
Ohne Korrekturen auf der Einnahmenseite kann das gar nicht finanziert werden. Anderen Gemeinden geht das gleich. Auch dort müssen die Steuern erhöht werden.
Ich freue mich mit vielen Gossauerinnen und Gossauern an den renovierten und neuen Schul- und Sportanlagen, erwarte aber auch, dass die zukünftigen Sportmodule mit Zurückhaltung angegangen werden.
Alfred Zahner, Gossau