Leserbrief:
Pascal Stieger nimmt in seinem Leserbrief das Eigenkapital der Stadt Wil als Indiz für eine Steuersenkung. Dieses beträgt gemäss Bilanz vom 31. Dezember 2024 rund 170 Millionen Franken. Doch der Schein trügt, denn 66 Millionen davon sind im Besitz gebührenfinanzierter Spezialfinanzierungen (Feuerwehr, Abwasser und Abfallbeseitigung) - gehören also gar nicht der Stadt. Weitere 4,5 Millionen Franken sind für das Berufsbildungszentrum reserviert und 41 Millionen sind als „Aufwertungsreserve Verwaltungsvermögen“ bezeichnet. Diese ist durch eine Neubewertung des Verwaltungsvermögens gebildet worden, als die Stadt Wil auf das neue Rechnungsmodell umgestellt hat. Also auch das ein rein buchhalterischer Wert, mit dem wir keine Investitionen bezahlen können. Von den 170 Millionen verbleiben lediglich 44 als tatsächliches, „freies“ Eigenkapital.
Dazu sagt Alexander Gulde vom kantonalen Amt für Gemeinden: „Mit dem neuen Rechnungsmodell ist das Eigenkapital keine Grösse für Steuersenkungen mehr“. Deutlicher geht es wohl nicht.
Selbst wenn wir über dieses Eigenkapital verfügen könnten, das ja im Vermögen der Stadt investiert (und somit gebunden) ist, reicht das verfügbare Eigenkapital gerade mal dazu aus, die ersten zwei Monate der laufenden Rechnung bestreiten. Wollen wir damit also eine Steuersenkung von - wiederkehrend - 1,8 Millionen Franken finanzieren?
Deshalb: Bewahren wir den finanzpolitischen Realitätssinn und stimmen „Nein“ zur Forderung einer Steuersenkung zur Unzeit. Sollte sich die positive Entwicklung der Jahresrechnung fortsetzen, so können wir dies immer noch nachholen.
Franklin Munishi
Vizepräsident Die Mitte Wil und Finanzfachmann