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Stadt Wil SG
18.09.2025
18.09.2025 08:52 Uhr

«Edith, Füdli butze»

Regierungsrätin Laura Bucher übergibt Edith Götz ein Geschenk – zusammen mit Cornelia Kunz als Geste des Dankes für 40 Jahre KITA Wil. Bild: Wil24
Ganz viele Geschichten, Anekdoten und Emotionen begleiteten den Anlass zum 40-jährigen Bestehen der KITA Wil. Am Mittwoch, 17. September 2025, feierte die Kindertagesstätte vier Jahrzehnte Bestehen. Rund 120 Personen folgten der Einladung ins Evangelische Kirchgemeindehaus, wo Erinnerungen, Fachinputs und eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion den Jubiläumsabend prägten.

Den Auftakt machten Kinderstimmen aus der Vergangenheit und Gegenwart. Ehemalige und heutige Mädchen und Buben erzählten, was ihnen von ihrer Zeit in Wil geblieben ist – von den bescheidenen Anfängen 1985 mit acht Kindern und zwei Fachpersonen bis hin zur heutigen, etablierten Institution. Besonders humorvoll war der Auftritt des heute erwachsenen Jérôme, des ersten KITA-Kindes in Wil überhaupt. Er erinnerte sich lebhaft an die damalige und bis heute prägende Leiterin Edith Götz. Mit einem Schmunzeln erzählte er, wie er damals in der grossen Halle bei offener WC-Türe rufen konnte: «Edith, Füdli butze!» Ein Satz, der wohl unzählige Male in der KITA Wil erklang, für Heiterkeit sorgte und sinnbildlich für die Nähe und Fürsorge steht, die Generationen von Kindern in den vergangenen 40 Jahren erfahren durften.

Begrüssung und Dank

Nach diesen persönlichen Rückblicken begrüsste Brigitte Gübeli vom Stiftungsrat die Anwesenden. Sie sprach über die Bedeutung der KITA, Kinder in ihrer Entwicklung zu begleiten und Familien zu unterstützen. Anschliessend wandte sich Edith Götz selbst mit warmen Worten an Gäste, Mitarbeitende und Weggefährten. Ihr Dank an alle, die die KITA über Jahrzehnte getragen und unterstützt haben, machte einmal mehr deutlich, wie eng Verbundenheit und Vertrauen die Arbeit prägen.

  • Brigitte Gübeli vom Stiftungsrat begrüsste die Gäste und betonte die Bedeutung der KITA für Kinder und Familien. Bild: Wil24
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  • Edith Götz prägte die KITA Wil über vier Jahrzehnte Bild: Wil24
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  • Rund 130 Personen folgten der Einladung ins Evangelische Kirchgemeindehaus … Bild: Wil24
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Fachlicher Input mit historischem Bogen

Ein besonderer Höhepunkt war das Referat von Prof. Dr. Bettina Grubenmann von der Fachhochschule St.Gallen. Sie zeichnete die Entwicklung der Betreuung von Kindern über mehr als ein Jahrhundert nach. Um 1900 standen in den damaligen Säuglingsheimen Hygiene und körperliches Überleben im Vordergrund, es galt, Kinder durch richtige Pflege zu retten, und selbst Stillpropaganda spielte eine Rolle, weil das Nichtstillen als Hauptgrund für Kindersterblichkeit galt. Ab 1950 rückte das seelische Wohlbefinden ins Zentrum. Liebe, Bindung und Beziehung wurden entscheidend, zugleich gab es aber auch Skepsis gegenüber ausserhäuslicher Betreuung.

Die Entwicklung bis heute

In den 1990er-Jahren wurden aus Pflegepersonal zunehmend pädagogisch geschulte Fachpersonen, und der Beruf der Kleinkindererzieherin professionalisierte sich. Heute liegt der Fokus auf geistigem Wohlbefinden, frühkindlicher Bildung und individueller Förderung. Grubenmann verwies zudem auf die Frauenbewegung, die mit der steigenden Erwerbstätigkeit von Frauen Kitas zu einem unverzichtbaren Bestandteil unserer Gesellschaft machte. Ihre Botschaft ist klar: Kinder brauchen damals wie heute Sicherheit, Beziehung und Zeit, doch der gesellschaftliche Rahmen habe sich grundlegend gewandelt.

  • Prof. Dr. Bettina Grubenmann spricht über die Entwicklung der Kinderbetreuung Bild: Wil24
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Im anschliessenden Podiumsgespräch sprachen Regierungsrätin Laura Bucher, Stadträtin Cornelia Kunz, die Fachfrau Betreuung Luisa Gisler und WPO-Geschäftsführer Robert Stadler über die aktuellen Herausforderungen. Moderiert von Beda Meier, Präsident der Behindertenkonferenz St.Gallen-Appenzell, ging es um frühe Förderung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Fachkräftemangel und Kostenfragen.

Einzelne Voten

Laura Bucher, die ihre eigenen Kinder in einer KITA betreuen lässt, betonte, wie zentral das Angebot für Gleichstellung und gesellschaftliche Entwicklung sei. Cornelia Kunz hob hervor, dass eine Stadt wie Wil ein Angebot schaffen müsse, das einerseits passt und andererseits flexibel genug ist, sich Veränderungen anzupassen. Robert Stadler sprach von der grossen Bedeutung flexibler Pensen und der Notwendigkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken – gleichzeitig betonte er aber auch immer wieder, dass es letztlich eine Frage der Finanzierung sei. Das von der WPO lancierte regionale Kita-System, um das Angebot und die Wahlfreiheit der Arbeitnehmenden zu verbessern, habe hier bereits Wirkung gezeigt. Luisa Gisler schilderte den Alltag aus Sicht des Betreuungspersonals und betonte, wie anspruchsvoll es sei, den vielfältigen Bedürfnissen gerecht zu werden. Die Diskussion machte deutlich, dass die Kostenfrage noch immer vieles überlagert und eine breite Qualitätsdebatte erschwert.

  • Luisa Gisler, Fachfrau Betreuung, gab Einblick in den anspruchsvollen Alltag und die vielfältigen Bedürfnisse der Kinder. Bild: Wil24
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  • Stadträtin Cornelia Kunz hob die Verantwortung der Stadt Wil hervor, ein passendes und flexibles Angebot zu schaffen. Bild: Wil24
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  • Regierungsrätin Laura Bucher schilderte persönliche Erfahrungen mit der KITA und betonte deren Bedeutung für die Gleichstellung. Bild: Wil24
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  • Robert Stadler, Geschäftsführer des WPO, unterstrich die Bedeutung flexibler Pensen und die Herausforderung der Finanzierung. Bild: Wil24
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  • Moderator Beda Meier führte das Podium souverän und lenkte den Blick auf gesellschaftliche Fragen. Bild: Wil24
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Austausch beim Apéro

Das Publikum hörte aufmerksam zu, stellte Fragen und beteiligte sich engagiert. Beim anschliessenden Apéro wurde der Austausch fortgesetzt. Den festlichen Schlusspunkt setzte ein Auftritt der Singbox Wil, deren Stimmen die Jubiläumsfeier mit einer besonderen Note abrundeten. Der Abend machte eindrücklich klar, dass die frühkindliche Bildung und Betreuung nicht nur eine pädagogische Aufgabe ist, sondern ein gesellschaftlicher Auftrag von grosser Tragweite. Ein Gedanke zum Abschluss lautete: Je mehr Öffentlichkeit dieses Thema erhält, desto besser für das Kindeswohl – gestern, heute und morgen.

  • Die Singbox Wil sorgte für einen festlichen musikalischen Abschluss des Jubiläums. Bild: Wil24
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David Hugi