Die Liegenschaft zum Turm prägt die Untere Vorstadt seit Jahrhunderten. Der Komplex umfasst den mittelalterlichen Wehrturm, Teile der historischen Ringmauer und eine Gebäudezeile, die in mehreren Etappen zwischen 1956 und 1988 erweitert und umgebaut wurde. Seit dem Auszug des Sicherheitsverbunds Region Wil im Jahr 2017 steht der Komplex weitgehend leer. «Wir wollen diesen strategisch wichtigen Ort endlich sinnvoll nutzen», sagt Co-Leiter Hochbau Marko Sauer. «Der Turm soll wieder ein lebendiger Bestandteil der Stadt werden.»
Gesundheitszentrum unter einem Dach
Die Stadt plant den Tausch des Turm-Areals mit zwei Liegenschaften an der Lerchenfeldstrasse resp. Poststrasse. Die Evoluo Wil AG möchte im Gegenzug das Projekt «Gsundstadt Wil» realisieren. Das Konzept vereint medizinische Versorgung, Therapien, Bildung, Begegnung und Gastronomie. «Wir schaffen einen Ort, an dem Gesundheit, Wissen und Alltag zusammenfinden», erklärt Patrick Meyenberger, Initiant und Verwaltungsrat der Evoluo Wil AG. Im Erdgeschoss bleibt ein öffentlicher Bereich garantiert – vertraglich gesichert.
Finanzielle Dimension: Millioneninvestitionen stehen bevor
Die Stadt Wil schätzte vor einigen Jahren, dass für eine eigene Entwicklung des Turm-Areals Investitionen von rund 20 Millionen Franken nötig wären. Ein Betrag, den die Stadt nicht mehr selbst tragen möchte.
Wie viel Evoluo Wil investieren wird, ist noch offen. «Wir können die Summe heute nicht beziffern», sagt Meyenberger. «Aber klar ist: Es wird ein namhafter Betrag.»
Finanzielle und strategische Vorteile
Die Stadt erhält als Gegenleistung zwei gut gelegene Liegenschaften sowie eine Ausgleichszahlung von 300'000 Franken. Zudem resultiert ein buchhalterischer Vorteil von 705'000 Franken. «Mit dem Tausch gewinnen wir langfristig wertvolle Gebäude zur eigenen Nutzung oder Vermietung», so Marko Sauer. Die Stadt sichert sich zudem ein Vorkaufsrecht auf das Turm-Areal.
Parlament entscheidet im Februar
Der Stadtrat hat den Bericht und Antrag bereits verabschiedet, die Liegenschaftenkommission befasst sich noch im November damit. Der Entscheid im Stadtparlament folgt voraussichtlich im Februar 2026. «Nach Jahren des Stillstands ist das die erste realistische Perspektive für diese anspruchsvolle Liegenschaft», sagt Meyenberger. «Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und den Turm in eine neue Ära zu führen.»
Klarer Zeitplan liegt vor
Der Fahrplan steht:
- Februar 2026: Entscheid des Stadtparlaments
- Sommer 2026: geplante Baueingabe
- Sommer 2027: geplanter Baustart im Turm-Areal
- 2027–2030: rund drei Jahre Bau- und Umbauzeit
- Ab 2030: neue Nutzung durch die Gsundstadt Wil möglich
«Wenn alles rund läuft, können wir 2030 eröffnen», sagt Meyenberger. «Das ist ambitioniert, aber realistisch.»
Ein langer Weg: Die Geschichte des Turm-Areals
Der «Turm» ist einer der historisch bedeutendsten Orte der Unteren Vorstadt. Der Wehrturm an der Südostecke stammt aus dem Mittelalter und war Teil der inneren Stadtbefestigung. Die daran anschliessende Ringmauer ist noch heute in der Fassadenstruktur erkennbar. Bis ins 19. Jahrhundert diente der Turm zeitweise als Rüstkammer der Stadt.
1956 kaufte die politische Gemeinde den Turmtrakt und erweiterte ihn in den folgenden Jahrzehnten mehrfach: zusätzliche Gemeindemagazine, Truppenunterkünfte und schliesslich eine moderne Fahrzeughalle mit Funkzentrale für die Feuerwehr wurden geschaffen. Der bedeutendste Umbau erfolgte 1988 mit der Auskernung und Neugestaltung der grossen Hallen.
Vom Haus Nr. 23 bis Nr. 13 wurde die Zeile schrittweise komplett erneuert – einzig der Turm selbst und die integrierte Stadtmauer blieben historische Substanz. Der Sicherheitsverbund Region Wil nutzte die Anlage bis 2017 intensiv, seither steht das Gebäude mit seinen rund 2'800 Quadratmetern Nutzfläche leer.
Jetzt könnte der Ort, der früher Schutz, später Technik und Einsatzorganisation beherbergte, eine dritte Phase erleben: als moderner Gesundheits- und Begegnungsraum für die Stadt Wil.