Der dritte Sessionstag ging weiter, wie der zweite aufgehört hatte: mit dem Ringen um ein verantwortungsvolles Budget.
Die Diskussion drehte sich um die Sicherheit und die Frage, wie viel sie kosten darf. Bei der Polizei werden eine Million Franken gekürzt, obwohl der lang erwartete Sicherheitsbericht noch aussteht. Sicherheitschef Christoph Hartmann versicherte, bei den Polizistinnen und Polizisten werde nicht gespart. Der Rat wird ihn beim Wort nehmen.
Während man bei der Polizei spart, lehnt der Rat gleichzeitig eine der effizientesten Massnahmen des gesamten Budgets ab: zusätzliche Verkehrsexperten, die den Prüfungsstau abbauen, die Verkehrssicherheit erhöhen und Mehreinnahmen generieren würden. Ein Angebot, das man eigentlich nur annehmen kann – ausser man möchte aus Prinzip dagegen sein. Die Mehrheit entschied sich fürs Prinzip. So bleibt der Stau von über 110’000 zu prüfenden Autos trotz Rüge des ASTRA wohl weiterhin bestehen.
Ähnlich schwierig wirkt der Umgang mit der Fanarbeit des FC St. Gallen. Fussballspiele sind längst der grösste überregionale Treffpunkt für die Jugend geworden. Dank gut funktionierender Fanarbeit konnte in den letzten Jahren trotz steigender Zuschauerzahlen und zunehmender Anzahl Matches die Sicherheit deutlich erhöht und die Gewalt signifikant gesenkt werden. Trotzdem entschied die rechte Ratsmehrheit, die Fanarbeit künftig nicht mehr aus dem Kantonshaushalt, sondern aus dem Lotteriefonds zu finanzieren. Dieser wird zunehmend zu einem Topf, der für sehr unterschiedliche Begehrlichkeiten herhalten muss.
Pflegeinitiative – ein Salto rückwärts
Die Pflegeinitiative wurde vom Volk mit überwältigenden 88,46 Prozent angenommen. Erst im vergangenen Jahr entschied der Rat über deren Umsetzung und setzte auf attraktive Rahmenbedingungen in der höheren Ausbildung. Ein Teil davon wurde nun erneut dem Sparzwang geopfert – mit der Begründung, dass unser Kanton immer noch grosszügig sei. Ob wir dennoch attraktiv genug bleiben, um die dringend benötigten Pflegekräfte zu gewinnen, wird die Zukunft zeigen.
«Sie wollen Blut sehen.»
Nach Abarbeitung aller 87 Massnahmen stand fest: Der Kantonsrat hat Sparmassnahmen im Umfang von rund 180 Millionen Franken beschlossen. Rund 80 Millionen davon werden bereits im Budget 2026 wirksam sein. Das vom Kantonsrat definierte Ziel ist damit erreicht. Doch die rechte Ratsmehrheit – um nicht zu sagen: der rechte Block – hat «Blut geleckt». Ihrer Meinung nach reichen die Sparpläne nicht aus. Sie fordert weitere Kürzungen von 60 Millionen Franken für die Budgets 2027 und 2028. Finanzchef Marc Mächler wehrte sich vergebens. «Sie wollen Blut sehen! Mit diesem weiteren Sparauftrag wird es Entlassungen geben müssen.» GLP, Grüne und SP unterstützten ihn – doch gegen den Block aus Die Mitte-EVP, FDP und SVP war kein Kraut gewachsen.
Und weiter ging es mit neuen Aufträgen: Eine umfassende Aufgaben- und Verzichtsplanung soll sämtliche staatlichen Aufgaben neu bewerten – ein gigantischer Aufwand, der Verwaltungskraft bindet, ohne sie zu verschlanken. Was nach Effizienz klingt, erzeugt jahrelange Selbstbeschäftigung, stellt politisch Gewolltes infrage und führt zu endlosen Debatten. Am Ende droht ein teures Bürokratiemonster statt einer gezielten Strukturreform. Trotzdem drückte die rechte Ratsmehrheit auch diesen Auftrag durch. Die GLP enthielt sich – aus gutem Grund.
Und als wäre der Tag nicht schon belastend genug gewesen, wurde zum Schluss auch noch das Gesetz zur familienergänzenden Kinderbetreuung versenkt. Dies wäre ein zentraler Schritt für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewesen. Statt Fortschritt kam das Ratsreferendum von EDU und SVP zustande. Nach Einsparungen von 180 Millionen Franken in Bildung, Sozialem und Ökologie zwingt dieses Referendum die Verwaltung nun zu einem weiteren teuren Abstimmungskampf, obwohl die St. Galler Bevölkerung das Geld für die Kinderbetreuung bereits an der Urne gesprochen hat.
Am Nachmittag besuchte der Sankt Nikolaus die Kantonsrätinnen und Kantonsräte und ermahnte uns, im Sinne der St. Galler Bevölkerung zu handeln. Ob er nach diesen drei Sessionstagen wohl zufrieden mit uns gewesen wäre?